
Autor
Schweißgut Robert
Verlag
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Erscheinungsjahr
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Kurzbeschreibung oder Klappentext
Ende Juli, spätestens Anfang August muss jeden Tag mit dem Ausfliegen gerechnet
werden. Auf diese Zeit freue ich mich besonders und verbringe dann mehrere Tage auf
dem Berg. Mein Standort ist etwa eineinhalb Kilometer vom Horst entfernt auf der
gegenüberliegenden Talseite. Durch das dreißigfach vergrößernde Doppelspektiv kann ich
trotzdem jedes Detail erkennen. Die alten Adler entdecken mich selbstverständlich
innerhalb kurzer Zeit. Schon von weitem sehe ich sie kommen, schnurgerade fliegen sie
auf mich zu. Ich bin inzwischen überzeugt, dass sie mich kennen. Bestimmt nicht vom
Gesicht, das ja meist vom Hut verdeckt ist, sondern von der Art, wie ich mich bewege. In
solchen Situationen verhalte ich mich unauffällig, traue mich nicht einmal, die Kamera mit
dem langen 400-er Teleobjektiv rauszukramen. Mehrmals fliegen sie relativ nahe vorbei
und landen schließlich auf einer dürren Bergfichte in einigen hundert Metern Entfernung.
Sie mustern mich argwöhnisch. So hocken wir und lassen uns gegenseitig nicht aus den
Augen. Mit gelockertem Körpergefieder wirken sie noch größer und wuchtiger. Die
goldfarbenen Nackenfedern sind leicht gesträubt, der wohlproportionierte Schnabel ein
wenig geöffnet. Ich kann mich nicht satt sehen an diesem Urbild natürlicher Schönheit.
Unablässig schweifen ihre Blicke umher, keine Bewegung entgeht ihnen. Immer wieder
sichern sie in meine Richtung.